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Entdecken Sie die Welt unserer heimischen Wildpflanzen bei einer geführten Wildkräuterwanderung!
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29.04.2025
Die Natur des Jahres
Jahreswesen 2025
Wie jedes Jahr wurden auch 2025 wieder zahlreiche "Wesen des Jahres" gekürt. Bereits seit 1971 wählen verschiedenste Organisationen jeweils ein Jahreswesen aus dem Bereich Natur und lenken so die Aufmerksamkeit auf besondere, seltene, schützens- und liebenswerte Subjekte. Dabei kommen immer wieder neue Titel dazu. Mittlerweile sind es sage und schreibe 34 solcher Ernennungen.
Besonders interessant für mich sind natürlich die Pflanzenwesen, aber auch bei Tieren oder anderen Naturbereichen finde ich es spannend, über noch nie gehörte Namen zu staunen oder aber sich schon oft gehörte Namen und damit verbundene Erfahrungen und Erlebnisse wieder ins Gedächtnis zu rufen.
Als Wildpflanze des Jahres 2025 ist zu meiner Freude die Wiesen-Glockenblume (Campanula patula) ernannt worden. Freude empfinde ich immer, wenn mir solch ein zartes Wesen begegnet. Doch gleichzeitig schwingt Wehmut mit, denn diese Pflanze findet man leider immer seltener. Ich kann mich erinnern, dass es in meiner Kindheit kaum eine Wiese gab, in der einem nicht die blau-lila Glöckchen entgegen leuchteten. Zusammen mit Margeriten und Lichtnelken war die Glockenblume das I-Tüpfelchen in jedem Wiesenblumenstrauß. Heute würde ich mich hüten, sie zu pflücken und gehe ehrfurchtsvoll an den einzelnen noch vorhandenen Exemplaren vorbei.
Dabei könnte man sie theoretisch sogar essen. Aber das muss nun wirklich nicht sein, es sei denn, man hat das Kunststück geschafft, sie in größerer Anzahl im eigenen Garten anzubauen. Selbst dann fände ich zumindest die Blüten zum Verspeisen zu schade.

Zu der Familie der Glockenblumengewächse zählt übrigens auch eine bei uns heimische Wildpflanze, die so gar nicht nach Glockenblume aussieht. Die Ährige Teufelskralle (Phyteuma spicatum) hat weder glockenförmige noch blaue Blüten, sondern einen weiß-grünlichen ährenförmigen Blütenstand. Hübsch sind die - oft mit schwarzen Flecken versehenen - herzförmigen Blätter, die als recht schmackhaft gelten. Das Wildkraut wächst meist an eher schattigeren Standorten wie etwa in Misch- und Laubwäldern.

Aber zurück zu den Wesen des Jahres. Neben der Wildpflanze des Jahres wurde auch die Arzneipflanze 2025 gekürt. Die Gewöhnliche Schafgarbe (Achillea millefolium) ist eine alte Heilpflanze mit entzündungshemmender und krampflösender Wirkung, die viele vermutlich als "Frauenkraut" kennen. Auf Wiesen oder Wegrändern siedelt sie sich oft in großer Zahl an. Die einzelnen kleinen Korbblüten bilden einen schirmartigen Blütenstand. Ihre ätherische Öle verleihen ihr einen aromatischen Duft und Geschmack, sodass sie neben heilkräftigen auch kulinarische Qualitäten beweist.

Zur Heilpflanze des Jahres hat es diesmal ein Baum geschafft, nämlich die Linde.
Mit zarten, herzförmigen Blättern steuern Winter- und Sommerlinde (Tilia cordata und Tilia platyphyllos) hierzulande ihr schönes Kleid zum Frühling bei. An propellerartigen Hochblättern erscheinen im Juni die grün-gelben Blüten. Der perfekte Zeitpunkt, um ein paar davon zu ernten und als heilkräftigen Tee zu genießen oder sie für den Winter zu trocknen. Besonders bei Erkältungen wird ihre schweißtreibende Wirkung geschätzt. Doch der Zeitraum der Blüte dauert gar nicht lange. Schon manches Mal habe ich ihn verpasst und die Blüten waren bereits am Welken.
Apropos Baum - einen Baum des Jahres haben wir auch noch. Die stattliche Roteiche (Quercus rubra) stammt aus Nordamerika und wird bei uns gerne als Stadtbaum gepflanzt, da sie als robust und trockenheitsverträglich gilt. Ihre Blätter unterscheiden sich etwas von denen der heimischen Eichen, sie sind spitz zulaufend gelappt statt wie bei den hiesigen Trauben- und Stieleichen abgerundet gebuchtet. Anders, als der Name vermuten lässt, sind sie grün - zumindest im Sommer. Erst im Herbst färbt sich die Roteiche auch wirklich rot.
Und immer noch nicht sind wir mit den Pflanzen des Jahres am Ende: Staude des Jahres ist das Kaukasusvergissmeinnicht (Brunnera macrophylla). Die Wildform dieser Pflanze stammt aus den Wäldern des Kaukasus. Aber sie wächst seit langer Zeit auch in unseren Gärten und ist im Handel mit zahlreichen Sorten als schöne Staude für den Halbschatten erhältlich. Gerne blüht die langlebige Pflanze am Gehölzrand und mag es nicht zu trocken. Die hübschen Blätter sind meist zweifarbig mit grün-silbernen Nuancen. Seine kleinen Blüten, die sich im April und Mai öffnen, sehen tatsächlich aus wie die des allseits bekannten Vergissmeinnichts und blühen in blau oder weiß. Leider laben sich Schnecken gerne an ihm, und so hat mein Exemplar schon seit langer Zeit unseren Garten verlassen. Neuere Zuchtsorten sollen mit ihren festeren Blätter den Schnecken aber nicht so gut schmecken. Vielleicht wage ich damit noch einmal einen Versuch.

Die Blume des Jahres, das Sumpf-Blutauge (Comarum palustre), findet man bei uns wiederum in freier Natur. Wenn man sie denn findet, denn leider ist sie selten geworden. Das begründet sich natürlich auch mit dem zunehmenden Verschwinden ihres Lebensraums, unserer Moore. Dementsprechend steht die Wildblume auf den Roten Listen, die gefährdete Arten beschreiben. Und so ist mir die dunkelrote Schönheit bis jetzt leider auch noch nicht begegnet. Ernannt wurde das Sumpf-Blutauge von der Loki Schmidt Stiftung, die mit der Wahl auf den dramatischen Rückgang der Moore und die damit verbundene Bedeutung für den Arten- und Klimaschutz aufmerksam machen möchte.
Nicht nur Pflanzen, auch Algen, Bakterien oder sogar Lebensräume schaffen es zum Jahreswesen. Und natürlich Tiere. Schmetterling des Jahres ist beispielsweise die Spanische Flagge, die auch Russischer Bär genannt wird. Ein einziges Mal habe ich einen solchen zu Gesicht bekommen. Der auffällig gefärbte Falter umschwirrte den Wasserdost, auf dessen Blüte er sich anschließend äußerst fotogen niederließ. Ärgerlicherweise hatte ich in dem Moment keinen Fotoapparat parat. Und so kann ich hier nur ein Foto des Wasserdosts - eine heimische Wildpflanze, die im Spätsommer blüht - mit einem anderen Schmetterling (ein Landkärtchen) beisteuern.

Kein Foto habe ich auch vom Pilz des Jahres - der seltenen Amethystfarbenen Wiesenkoralle. Aber googeln Sie mal, das Ergebnis ist sehenswert. Gerne würde ich diesem skurillen Wesen einmal in Echt begegnen.
Die Liste der Jahreswesen ist noch lange nicht vollständig, das würde jedoch auch den Rahmen hier sprengen. Aber ich hoffe, ich konnte zumindest einen groben Überblick bieten.
Einen schönen Frühling wünscht
Ingrid
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